Weißweine verkosten – Hauptsache, der Wein schmeckt

Die Weine stehen zur Weinprobe bereit. Sie haben die ideale Temperatur, Gläser und Korkenzieher sind da und zwischen den einzelnen Sorten soll es geschmacksneutrales Weißbrot geben. Denn bei Käse ist wohl Vorsicht angebracht. Nur die milden Sorten eignen sich und lassen die Zunge nicht abstumpfen.

Also steht der fröhlichen Weinprobe eigentlich nichts mehr im Weg – bis auf die eigene Unsicherheit: Blamieren will man sich – den als Experten auftretenden Freunden gegenüber – nicht. Woran lassen sich beispielsweise beim Weißwein Alter und Rebsorte erkennen?

Woran erkennt man einen guten Wein?

Die Qualität eines Weins sieht man nicht immer. Trotzdem – überall findet man Experten, die einen Wein schon kennen, bevor er getrunken wurde. Sie preisen klug die duftige Nase, führen ein imaginäres Kirchenfenster ins Feld und bejubeln nicht selten einen Wein, der eigentlich nach Tankstelle stinkt und im Mund als scheußliche Brühe endet.

Andererseits erlebt man wenig hochgejubelte Weine, die im Gegensatz zur auffälligen Farbe fader Tropfen zunächst sogar dünn in das Glas schwappen, um dann aber ein wahres Geschmacksfeuerwerk zu entfachen.

Unwichtig sind Geruch, Farbe und Viskosität nicht, offerieren sie doch die offensichtlichen, groben Weinfehler.
Qualitätsmerkmale sind sie allerdings in den wenigsten Fällen.

Die Farbe und das Kirchenfenster

Die Farbe des Weins richtet sich nach der Rebsorte. Ein Müller-Thurgau ist beispielsweise durchscheinender als ein Grauburgunder.
Mit zunehmendem Alter verändern sich die Farben – während bei Rotweinen die Farbstoffe ausfällen, werden Weißweine dunkler, bräunlicher: Oxidation ist hier die Ursache.

Ist die Farbe okay, ist der Wein nicht automatisch gut – bis auf die Klarheit: Weißwein und Rosé müssen stets klar sein.
Hinsichtlich der Farbe hält sich das Märchen vom Kirchenfenster hartnäckig: Im Glas geschwenkter Wein bildet Schlieren und Bögen, die an Kirchenfenster erinnern – ein vermeidliches Qualitätsmerkmal.

Dabei steckt hauptsächlich Glyzerin dahinter, das sich Alkohol gegenüber langsamer verflüchtigt und länger an der Glaswand hält. Bei dicken Rotweinen gibt es wegen des hohen Gehalts an Extrakten wohl einige Schlieren.

Kann man Qualität riechen?

Die Antwort ist simpel: Gut riechende Weine schmecken oft auch gut. Weinfehler erschnüffelt man schnell.
Aber es gibt auch Schweiß- oder Petroleum-Buketts und der Wein schmeckt himmlisch. Diese Düfte entstehen bei der Reifung des Weins.
Ergo: Eine schöne Nase allein ist kein Qualitätsmerkmal. Mit dem Urteil „großartiger Wein“ sollte man warten, bis man ihn auch im Mund hatte.

Ein Resümee

Klar soll der Weißwein sein – und er soll gut riechen. Hier kommt die Fantasie ins Spiel und mit ihr die Assoziationen an Früchte, Sonne, Milde oder Strenge, Leichtigkeit oder Schwere.
Aber das Alter und die Rebsorte? Abgesehen davon, dass dunkel werdender Weißwein wohl etwas betagter ist und verschiedene Rebsorten geringfügig anders durchscheinen, ist hier der Weg der Erkenntnis endlos lang.

Echte Weinexperten befinden sich lange schon auf dieser Reise – und beherzigen sehr oft das Sprichwort: Der Kenner schweigt und genießt …

Steirischer Wein 2013 in Wien – Muskateller im Keller und eine Entdeckung des Abends

Wie jedes Jahr kommt der Steirische Wein im März ins Wiener Museumsquartier. So auch am 19.3.2013.

Tag des Steirischen Weins in Wien

Die Veranstaltung beginnt um 14:00 und als ich um 18:00 bei der Ovalhalle ankomme, sehe ich eine 50 Meter lange Menschenschlange, die Einlass möchte und vor der Garderobe wartet. Zum Glück entdecken wir eine zweite Garderobe links neben der Schlange, die unsere Jacken dankenswerterweise gerade noch aufnimmt.

Großer Andrang auf der gesamten Messe

Nach fünfzehn Minuten haben wir endlich unseren Eintritt (€ 18,-) bezahlt und ein Verkostungsglas ausgefasst. In der Halle hat es gefühlte 30 Grad und eine Luftfeuchtigkeit wie in einem perfekten Weinkeller. Die Verkostungsstände sind schwierig zu erreichen, weil von Menschenmassen belagert.

Gleich links ist ein Gemeinschaftsstand der Steirischen Klassik Winzer. Den lassen wir links liegen und bewegen uns direkt nach hinten in die zweite Halle. Dort ist es auch nicht viel besser. Menschen über Menschen verkosten sich durch und um 18:30 haben bereits einige Probleme mit der „geraden“ Aussprache der Rebsorten und Lagen.

Muskateller und Traminer vom Dreisiebner Stammhaus

Wir starten mit einer Runde Muskateller und werden ziemlich schnell enttäuscht. Gibt es 2012 keine schönen Muskateller oder verkosten wir die falschen Weine? Naja, nach einigen Proben kommen wir zum Dreisiebner Stammhaus und dort ist der Gelbe Muskateller Classic 2012 sehr gefällig. Zwei Gramm Restzucker und 12,5% vol. sind die Basis. Die Holunderblüten und Melisse finden wir super! Nach Begutachtung der Preisliste sind die € 8,50,- in Ordnung.

Es fällt uns aber noch ein spannender Wein auf: Der Gelbe Traminer Hochsulz Reserve 2008. Für nicht ganz günstige € 21,- kommt der Wein mit 14,5% vol. daher und ist einen Versuch wert. Spannend, aber positiv spannend, hab ich den Wein in Erinnerung. Jedenfalls etwas Besonderes und gut zum Beeindrucken von Gästen bei einem schönen Abendessen, vielleicht mit asiatischen Gerichten.

Besonders gelungen: Sauvignon Blanc

Bevor ich zur Entdeckung des Abends komme, noch eine spannende Erkenntnis. Ich habe ca. 15 Winzern folgende Frage gestellt: Welche Weine oder welcher Wein ist Ihnen 2012 besonders gut gelungen? Die spannende Antwort: in 80% der Fälle war es Sauvignon Blanc. Sauvignon hat auch im Sortenverzeichnis der Veranstaltung mit 130 Weinen eindeutig die Nase vorne. Die Sauvignons waren sehr gut und zwar von sehr vielen Winzern. An zweiter Stelle Welschriesling. Keine Muskateller und keine Grauburgunder. Spannend.

Weingut List aus Siebing – die Entdeckung des Abends

Matthias List ist gemeinsam mit seiner Schwester vertreten. Sie schenkt aus und verweist mich bei allen Fragen gleich an ihren Bruder – Matthias sei der Experte und macht den Wein. Und so beginne ich einen Wein nach dem anderen zu verkosten bis Herr List für mich Zeit hat. Die Weine sind sehr angenehm. In der Nase und am Gaumen. Der Sauvignon Blanc 2012 duftet kräftig nach Cassis, der Muskateller hat eine Spur zu viel Säure und etwas zu starke Kräuter (für meinen Geschmack), ist aber trotzdem ein schöner Wein.

Lage des Weinguts List

Als Herr List dann zu mir stößt, erzählt er mir genauer, wo die Lagen sind. Das Gut befindet sich bereits seit sieben Generationen im Besitz der Familie und er bewirtschaftet fünf Hektar am Grassnitzberg in der Lage Wielitsch. Teilweise in einer schwierigen Kessellage mit etwas viel Nebel und Feuchtigkeit. Man merkt, dass er seine Arbeit liebt und voller Passion vom Weinmachen berichtet.

Weißburgunder Graßnitzberg 2011

Er gibt mir den Weißburgunder Graßnitzberg 2011. 13,5% vol. Alkohol um € 8,50,-. Ja, es gibt Lagenweine unter € 10,- und was für welche! Der 2011er ist schon erstaunlich weit und ziemlich reif. Mir sagen die Karamellnoten zu – ein toller Wein für Pinot Blanc Fans.

Burgunder Graßnitzberg 2009

Zum Abschluss dann noch der Burgunder Graßnitzberg 2009, der zwei Jahre im Holzfass reift. Wuchtig, schwer, Nüsse und um € 16,- etwas gehobener, aber jeden Cent wert. Ich bedanke mich für die tolle Erfahrung, das nette Gespräch und ziehe abschließend zu den STK Winzern weiter, um mich zu überzeugen, dass das Preis-Leistungsverhältnis mittlerweile bei so manchen der „Großen“ nicht mehr ganz passt. Vor allem, wenn die Qualität insgesamt stark nach oben geht.

Fazit

Eine sehr gelungene Veranstaltung mit einem enormen Besucherandrang. Die Weine wie jedes Jahr: es gibt viele Gute, einige sehr gute und nur wenig schlechte Vertreter.

Ein Tipp für die Veranstalter: Mehr Kassen und eine größere Location oder ein höherer Eintritt und eine bessere Belüftung.
Ich freue mich auf 2014!